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Gedanken und Gebete – Helau

Während sich ukrainische Staatsbürger in Karawanen Richtung Westen flüchten, feiert Düsseldorf Karneval. Ist das fair, ist das in Ordnung?

In Europa – dereinst – wurde Krieg auf die Spitze getrieben: In zwei Weltkriegen wurden Nationen rund um den Globus in Schlachten verwickelt, deren Folgen Europa und seine Menschen so sehr verheert haben, dass sich ausnahmsweise alle einig waren: So etwas darf nicht erneut passieren.

Ehemalige Todfeinde sind nicht aus plötzlicher Liebe einander näher gerückt. Sie mussten es, damit eine Generationen dauernde Feindschaft nicht in der Selbstzerstörung mündet. Umarme deinen Feind, er kann dich so nicht schlagen.

Obwohl wir innerhalb Europas so viel erreicht haben, allen Widrigkeiten zum Trotz, rückt die Gefahr nun wieder näher. Nach Ende des Kalten Krieges, in Europa, herrscht Krieg. Irgendwo auf der Welt wurde schon immer gekämpft, mindestens seit Anbeginn der Staatenbildung, die Menschen kennen es aus den Nachrichten.

Vor der eigenen Haustüre mussten zumindest EU-Bürger indes schon lange nicht mehr mit einem bewaffneten Konflikt rechnen. Der Friede, den wir in Europa mit unseren Nachbarn teilen, war noch nie so nachhaltig in der gesamten Geschichtsschreibung. Mehrere Generationen durften bereits in einer Welt leben, in der sie nicht persönlich von Kampfhandlungen bedroht oder auch nur betroffen waren. Selbst die Balkankriege waren hierfür einfach zu weit weg.

Doch nun schickt sich Wladimir Wladimirowitsch Putin an, um genau dies zu ändern. Niemand kann vorhersagen, ob ein Krieg auch auf uns zukommt und wenn ja, wie. Während sich Experten die Köpfe heiß reden, ob jetzt mit Kernwaffen gedroht wurde, und wie nah ein Atomkrieg bevorsteht, wird im Rheinland die Ukrainekrise anders angegangen: Es wird gefeiert.

Mancher mag dies verurteilen. Und natürlich darf und soll sich jeder fragen, wo denn die Moral bliebe, wenn Menschen vor Panzern flüchten, während in den Karnevalshochburgen hemmungslos gefeiert wird.

Doch wer sich einem moralischen Prinzip hingibt und sich empört, unterschätzt, was den Karneval eigentlich ausmacht. Denn Karneval und Fastnacht existieren nicht erst kürzlich entlang des Rheins. Selbst die Römer haben ausgelassene Feste gefeiert, bei denen sogar Sklaven offen sprechen durften. Während der Saturnalien waren alle Menschen gleich.

Und ähnlich ist es auch im Karneval. Während nur zwei Ländergrenzen weiter eine Nation um Ihre Existenz kämpft, Menschen erbittert ihre Heimat verteidigen, geben sich entlang des Rheins die Narren jeck der Völlerei und dem Trunke hin – und recken dem Kriegstreiber im Kreml den ausgestreckten Mittelfinger entgegen.

Eine solche Ehrlichkeit geht nur von Kindern und von Betrunkenen aus. Sie ist mir in jeder Hinsicht lieber, als Gebäudeanstrahler und Gebeteschicker, die eher aus Gruppenzwang denn aus Nächstenliebe und Mitgefühl handeln, und dabei verächtlich auf die Narren herabsehen.

Natürlich müssen wir helfen, wenn wir können. Und es hätten auch gerne mehr als 5.000 alte Helme sein dürfen. Dabei steht zu bezweifeln, dass die es überhaupt in die Ukraine geschafft haben, vermutlich ist es wieder einmal daran gescheitert, dass unsere Truppe zu schlecht ausgerüstet ist. Aber: Wir können Putin auch zeigen, dass er uns zwar überraschen kann, wir aber nicht in Schockstarre verfallen.

Was sonst bleibt? Leider nicht mehr viel. Denn eilen wir der Ukraine zu Hilfe, könnte dies sehr schnell einen sehr viel größeren und einen weitaus gefährlicheren Konflikt heraufbeschwören. Niemand kann derzeit mit Gewissheit sagen, wie irre die Führung in Moskau derzeit ist.

Und hier kommen alle Europäer ins Spiel, nicht nur die Rheinländer Jecke. Helft den Flüchtenden. Redet, wie euch die Schnute gewachsen ist und teilt eure Meinung. Daran kann auch ein größenwahnsinniger Möchtegern-Zar nicht viel ändern.

Und wenn du kein Jeck bist: Natürlich kannst du ein Zeichen setzen, eine Fahne hissen, oder deine Fassade blau-gelb anstrahlen. Andere Zeichen eben. Und Empörung verdient nur die menschenverachtende Kriegstreiberei eines alternden Diktators.

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